Kann durch die Gabe von Sexualhormonen eine Frühgeburt verhindert werden?

 

tablettenMomentan wird in Medien und unter Fachleuten die offensichtliche Wirkungslosigkeit eines sehr bekannten Medikamentes zur Verhinderung einer Frühgeburt diskutiert. Dennoch kann es unter Umständen für einige Frauen sinnvoll sein, das Medikament trotzdem einzunehmen.

Wenn es zur Frühgeburt kommt, so hat das Kind oftmals keinerlei Überlebenschancen oder leidet in der Folge unter einer schwerwiegenden Krankheit. Jährlich sind ungefähr 15 Millionen Kinder von dieser Thematik betroffen. Ungefähr eine Millionen dieser Kinder sterben an der Frühgeburt oder den daraus resultierenden Krankheiten.

Vielversprechende Therapie oder wirkungslos?

Die Behandlung von schwangeren Frauen mit dem Sexualhormon Progesteron galt sehr lange als vielversprechend. Dieses Hormon beeinflusst im Normalfall unter anderem den weiblichen Zyklus. In den 60er- und 70er Jahre haben kleinere Studien gezeigt, dass Progesteron, welches vaginal verabreicht wird, eine Schwangerschaft verlängert und eine drohende Frühgeburt positiv beeinflusst. Diese Behandlungsempfehlungen bei einer Risikoschwangerschaft übernahm selbst die angesehene Cochrane Collaboration.

Wissenschaftler des Tommy`s Centre for Maternal and Fetal Health an der Uni Edinburgh haben in einer internationalen Studie aufgezeigt, dass die tatsächliche Wirkung des Hormons zur Erhaltung einer Schwangerschaft in Frage zu stellen ist.

Wie war die Vorgehensweise der Wissenschaftler?

Studienleiterin Jane Norman und ihr Team schafften es, dass 1228 Frauen in der Schwangerschaft an der Studie teilnahmen. Alle hatten das hohe Risiko einer Fehlgeburt. Zum einen war entweder bei den Frauen der Gebärmutterhals verkürzt, oder sie hatten bereits eine Fehlgeburt erlitten. Ab der 22. Schwangerschaftswoche wurden diesen Frauen, die zuvor per Zufallsverfahren ausgesucht worden waren, entweder das Gelbkörperhormon, oder ein Placebo –Präparat verabreicht. Bis zwei Jahre nach der Geburt, wurden die Frauen und deren Kinder untersucht. Dabei wussten weder die Analysten, noch die Ärzte selbst, in welcher Gruppe die jeweiligen Frauen waren. Die Untersuchungsmethode wird als sogenannte doppelblinde, Placebo kontrollierte, randomisierte Studie bezeichnet. Es handelt sich um den hochwertigsten und am meisten aufwendigen Studientyp. Es ist die bis dato größte und jemals durchgeführte Studie zu diesem Medikament.

Ein Schutz ist durch die Gabe von Progesteron nicht bewiesen

Die Forscher kamen zu dem Ergebnis, das Progesteron nicht vor Frühgeburten schützt. Darüber hinaus wird die Kindesentwicklung in der ersten ein bis zwei Lebensjahren weder positiv, noch negativ beeinflusst.

Wenn man die Erhebungsdaten genauer betrachtet, so stellt man einen großen Unterschied nach der Geburt fest, auch wenn sich die Überlebungswahrscheinlichkeit der Kinder nach zwei Jahren zwischen Progesteron-Gruppe und Placebo-Gruppe nicht unterscheidet: In der Placebo-Gruppe sind sechs Kinder tot zur Welt gekommen, während in der Progesteron-Gruppe eines tot geboren wurde. Die zwei australischen Kinderärztinnen Jadie Dodd und Mandy Daly sagen hierzu:

„Gerade für Mütter, die schon einmal eine Totgeburt erlebt haben, ist ein solches Ereignis eine sehr traumatische Erfahrung – die möglicherweise durch Progesteron verhindert werden kann.“

Sollen Frauen nun bei einer Risikoschwangerschaft Progesteron nehmen oder nicht?

Sicher ist, dass nicht mehr oder weniger Nebenwirkungen bei Frauen zwischen der Einnahme eines Placebos oder Progesterons auftreten. Die Frauen sollten am besten selbst entscheiden, ob sie das Medikament einnehmen möchten, oder nicht. Schaden kann es offenbar nicht.